Ich bin sehr dankbar für die Begegnungen mit allen Menschen in der Valere – am spannendsten war aber die Begegnung mit meinem neuen Selbst

Dezember, 2019

Ich bin 46 Jahre alt, arbeite seit über 20 Jahren in der Werbebranche und habe mich über viele Jahre für sehr selbstbewusst und psychisch stabil gehalten.

Mir war immer bewusst, dass ich eine durchaus schwierige Kindheit hatte, hatte aber immer geglaubt, dass ich nicht zu denjenigen gehöre, die daraus negative Auswirkungen in ihrem späteren Leben haben könnten. Wenn mir in der Vergangenheit Menschen begegneten, die von Burnout oder Depression bei sich sprachen, habe ich das immer als Modeerkrankung eingeordnet.

Meine erste Panikattacke erlebte ich dann mitten in einer geschäftlichen Besprechung, wobei ich zunächst glaubte, dass es eher mit meinem Kreislauf zu tun hätte. Ich verließ dann die Besprechung und verspürte massive körperliche Symptome wie starkes Schwitzen, Schwindel, eingeschränkte Sehfähigkeit und ich hatte Herzrasen. Ich hatte Angst einen Schlaganfall zu bekommen.

Daraufhin ging ich zu einer Ärztin, die mich mit Akupunktur behandelte und das aktuelle Gefühlschaos wieder einigermaßen ins Lot brachte. Danach ging ich direkt im Anschluss wieder arbeiten.

Als alleinstehende Mutter und vollbeschäftigte Mitarbeiterin in der Agentur konnte ich mir eine persönliche Schwäche oder eine Arbeitsunfähigkeit selber überhaupt nicht zugestehen. Trotzdem hat sich mein Zustand in den folgenden Monaten immer weiter verschlechtert. Es folgten Panikattacken in den unterschiedlichsten Lebenssituationen, die mich schlussendlich immer weiter in eine persönliche Isolation und tiefe Depression führten.

Als es immer schlimmer wurde verordnete mir mein Arzt Escitalopram und Tavor, aber es war eine starke Überwindung für mich solche Medikamente zu nehmen. So etwas kam in meinem Selbstverständnis einfach nicht vor. Irgendwann war ich dann doch so weit, dass ich mich nicht mehr gegen die Einnahme dieser Medikamente wehrte und begann regelmäßig diese Tabletten zu nehmen. 

Mir selber erklärte ich die Ursachen meines Zustands mit beruflicher Überforderung und einer starken Beanspruchung im privaten Umfeld. Dazu kamen dann noch eine Trennung und immer stärkere Existenzängste.

Irgendwann gehörte die Panik allgegenwärtig in mein Leben und ich konnte zum Schluss trotz der Einnahme von zwei Tavor nachts nicht mehr schlafen.

Da wurde mir klar, dass ich etwas tun musste; dass ich in eine Klinik muss und Hilfe brauche.  Nach ca. einem halben Jahr Wartezeit konnte ich endlich eine Therapie in einer psychosomatischen Klinik antreten. Dort blieb ich für fünf Wochen. Es gab eine Bezugsgruppe mit 20 Teilnehmern für die Gruppentherapie und zwei Einzeltherapien pro Woche. 

In einer Einzeltherapie stellte sich dann heraus, dass bei mir eine komplexe Traumatisierung aus der Kindheit vorlag und ich seinerzeit von meinem Vater sexuell missbraucht wurde. Das passierte wahrscheinlich im Alter zwischen sechs und acht Jahren – genau ist das heute nicht mehr zu rekonstruieren.

Das erklärte Ziel der Klinik war es, mich durch die Therapie wieder arbeitsfähig zu machen. Dies gelang zum Teil, rückblickend würde ich jedoch sagen es waren die Tabletten und die relative Ruhe während meines Klinikaufenthaltes, die mich wieder halbwegs funktionstüchtig machten. Nun war ich zwar wieder größtenteils arbeitsfähig stand jedoch mit diesem neugeöffneten Fass des Missbrauchs völlig allein da. Von der Klinik bekam ich keinerlei Hilfe. Nach der Rückkehr wurde mir dann auch noch der Job gekündigt – trotzdem funktionierte ich über eine längere Zeit relativ gut und fand auch bald wieder eine neue berufliche Herausforderung. Ich versuchte wieder DIE zu werden die ich vorher war. Heute weiß ich, der sexuelle Missbrauch hat mich nie mehr wirklich losgelassen und eine wirkliche Verarbeitung hat dort in der Klinik nicht stattgefunden.

Ca. sechs Jahre später wurde das Thema durch einen Kontakt zu einer Person aus meiner Kindheit und Informationen über meinen Vater neu reaktiviert. Ganz plötzlich befand ich mich wieder in einer für mich schwer zu beherrschenden psychischen Verfassung und mir wurde klar, dass ich ganz dringend Hilfe brauchte. Diesmal würde ich mich aber nicht damit zufrieden geben einfach nur wieder funktionsfähig zu werden, sondern ich wollte der Sache richtig auf den Grund gehen und das Trauma nachhaltig bearbeiten.

Bei meiner Internet Suche nach einer Klinik, die sexuellen Missbrauch behandelt, fand ich die Valere Klinik. Bereits die Texte auf der Webseite sprachen mich an, sodass ich sofort anrief. Gleich im ersten Telefonat konnte ich Vertrauen fassen und war zuversichtlich hier Unterstützung zu finden. Auch das Angebot vor Antritt der Therapie ein Telefonat mit dem Chefarzt zu führen fand ich großartig. Da ich nicht privat versichert bin musste ich den Aufenthalt selbst finanzieren, aber das war‘s mir wert.

Zwei Wochen später stand ich dann vor der Valere Klinik und wurde hier aufgenommen, wie in eine Familie, fühlte mich sofort aufgehoben und gesehen. Alle Mitglieder unserer kleinen Gruppe reisten am selben Nachmittag an und nach einem Aufnahmegespräch fand bereits um 17 Uhr unsere erste Gruppenarbeit statt.

Allein die Tatsache, dass alle zusammen am großen Tisch aßen, die Therapeuten mit uns zusammen hier wohnten und sich hier alle duzten erzeugte ein gutes Gefühl des zuhause seins. Die Haltung und der Umgang zwischen Therapeuten, Ärzten und Patienten vermittelte mir das Gefühl, dass ich hier jederzeit selbstbestimmt bin. Aber nicht nur die Therapeuten, sondern auch die Mit-Klienten in der Gruppe trugen dazu bei, dass ich mich sicher und wohl fühlte. Ich war hier nicht alleine mit meinen Themen. Hier konnte ich jeden Tag entscheiden, mit welchem Therapeuten ich mein Thema heute bearbeiten wollte. Die Vielfalt war genial und enorm hilfreich.

Den Therapeuten war es schon beim ersten Abendessen gelungen uns in einen regen Austausch zu bringen und es entstand eine Herzenswärme zwischen uns allen, die bis heute andauert. Dadurch, aber auch durch die unterschiedlichen Methoden der Behandlung, konnte ich die entstandene Verletzung betrachten, sie würdigen und in mein neues Leben integrieren. Ich gehe heute erheblich liebevoller mit mir selbst um. Ich kenne meine Ressourcen und habe eine völlig neue Selbstfürsorge entwickelt.

Ich bin sehr dankbar für die Begegnungen mit allen Menschen in der Valere – am spannendsten war aber die Begegnung mit meinem neuen Selbst.

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