Verlauf einer Depression
Bei mehr als der Hälfte der Betroffenen folgt innerhalb von wenigen Jahren nach einer ersten depressiven Episode mindestens eine weitere, v.a wenn die Depression nicht genau diagnostiziert und ausreichend behandelt wurde. Die Episodendauer ist höchst variabel und liegt bei 50% der Patienten unter 12 Wochen, bei knapp 25 % der Patienten über einem Jahr (sog. chronifizierte Depression).
Folgen einer Depression
Depressive Störungen sind meist mit einem erheblichen Leidensdruck verbunden, da ihre Symptome die Lebensqualität und Leistungsfähigkeit spürbar mindern. Dabei sind depressive Erkrankungen – wenn sie rechtzeitig erkannt werden – grundsätzlich gut behandelbar: bei adäquater psychotherapeutischer (und/oder medikamentöser) Behandlung lassen sich die Schwere und Dauer einer Depression deutlich verringern.
Die wichtigsten Behandlungsziele sind:
- Verminderung der depressiven Symptomatik,
- Wiedererlangung des seelischen Gleichgewichts,
- Wiederherstellung der beruflichen Leistungsfähigkeit,
- Reduzierung der Rückfallwahrscheinlichkeit,
- Verringerung der Suizidgefahr,
- Förderung der psycho-sozialen Wiedereingliederung
- Steigerung der Lebensqualität
- Unterstützung der Beziehungsfähigkeit
Diagnostik und Symptome der depressiven Erkrankungen
Bei vielen Betroffenen stehen körperliche Beschwerden (Schlafstörungen, Magen-, Kopf- oder Rückenschmerzen, Konzentrationsprobleme u.v.m.) im Vordergrund, auch klagen sie anfangs oft über allgemeinen Leistungsabfall oder Appetitverlust, Entscheidungsunfähigkeit, Gleichgültigkeit, diffuse Traurigkeit und Ängste. Dieses wechselnde Erscheinungsbild und die Erfahrung, dass depressiv Erkrankte sich zu ihren Symptomen oft nicht klar äußern (können), macht es oft schwer, schon anhand dieser ersten Anzeichen eine Depression als zugrunde liegende Erkrankung zu diagnostizieren.
Die wichtigsten psychischen Symptome:
- gedrückte Grundstimmung
- Antriebsstörungen
- Unfähigkeit, Entscheidungen zu treffen
- Freudlosigkeit
- Konzentrationsstörungen
- Schuld- oder Minderwertigkeitsgefühle
- Angst und/oder Beklemmung
- mangelnder Glaube an sich selbst
Die wichtigsten somatischen Symptome:
- Schlafstörungen
- Appetitmangel (teils verbunden mit Gewichtsverlust)
- Magen-, Kopf- oder Rückenschmerzen
- körperliche Missempfindungen
- vermindertes Körperbewusstsein
Ursachen von depressiven Erkrankungen
In den meisten Fällen lassen sich Depressionen nicht auf eine einzige Ursache zurück führen, sondern sie entstehen aus dem Zusammenspiel mehrerer Faktoren; hier spielen körperliche, biologische, psychische und psychosoziale Aspekte eine Rolle. Man unterscheidet hier grundlegend zwischen neurobiologischen und psychosozialen Aspekten.
Neurobiologische Aspekte von Depressionen:
Wie bei vielen anderen Erkrankungen auch sind bei Depressionen oftmals genetische Einflussfaktoren im Spiel. Ein spezielles für depressive Erkrankungen ‚zuständiges‘ Gen gibt es allerdings nicht. Auch Stresshormone oder andere Botenstoffe wie Serotonin oder Noradrenalin können an der Entstehung einer depressiven Episode beteiligt sein.
Sind nachweislich neurobiologische Aspekte im Spiel, kann gut mit Antidepressiva behandelt werden.
Psychosoziale Aspekte von Depressionen:
Das Risiko, an einer Depression zu erkranken, ist erhöht, wenn folgende psychosoziale Faktoren im Spiel sind:
- Traumatisierungen
- negative Lebenserfahrungen
- Verlusterlebnisse
- Partnerkonflikte
- veränderte Lebensverhältnisse
- chronische Überlastung
- Burnout
- Mobbing
u.a.m.
Auch scheinbar erfreuliche Ereignisse können kaum merklich viel Kraft kosten und infolge zu Erschöpfung und Depressionen führen, zB ein Familienfest, eine (bestandene) Prüfung oder ein lang geplanter Wohnungswechsel.
Gleichzeitig muss nicht zwangsläufig jede der genannten Herausforderungen zu einer Depression führen. Das Bewältigen von Lebenskrisen ist im Grunde eine ‚normale‘ Herausforderung, zu der oft auch tiefe Emotionen wie Trauer und Hoffnungslosigkeit oder Befindlichkeitsstörungen gehören. Wenn allerdings eine depressive Erkrankung diagnostiziert wurde, sollte sie so rasch und effektiv wie möglich behandelt werden.
Liegen einer Depression psychosoziale Aspekte zugrunde, ist meist eine Psychotherapie das Mittel der Wahl.
Depressionen und Suizidgefährdung
Etwa 65%-90% aller Suizide werden aufgrund psychischer Erkrankungen begangen, und hier nimmt die Depression eine traurige Spitzenposition ein. Etwa 3%-4% der depressiv Erkrankten sterben durch Selbsttötung. Die Zahl der Suizidversuche liegt zehnmal höher, und es ist davon auszugehen, dass viele Versuche als solche gar nicht erkannt werden und die Dunkelziffer entsprechend hoch ist.
Diese Zahlen ermahnen dazu, eine depressive Erkrankung keinesfalls auf die leichte Schulter zu nehmen oder gar ‚schönzureden‘ oder ‚wegzutrösten‘. Selbstmordgedanken eines an Depression erkrankten Menschen sind häufiger als man denkt und sollten unbedingt explizit abgefragt und dann auch ernst genommen werden!
Komorbidität
In vielen Fällen (bei ca. 60% der an einer Depression Erkrankten) ist mindestens eine weitere psychische oder somatische Erkrankung diagnostizierbar. Zu den häufigsten Begleiterkrankungen gehören:
- Angststörungen und Panikattacken (auch soziale Phobien, Agoraphobie oder generalisierte Angststörung),
- Schmerzstörungen oder Suchterkrankungen.
In der Regel ist es nicht offensichtlich, ob diese Begleiterkrankungen Folgen der Depression sind oder eher eine der Mit-Ursachen darstellen. Auch bei körperlichen und neurologischen Erkrankungen ist die Kausalität bislang noch nicht bis ins Detail geklärt. Zum Beispiel treten bei Patienten mit koronaren Herzerkrankungen oder Diabetes mellitus überdurchschnittlich häufig auch depressive Beschwerden auf. Derzeit ist also noch unklar, ob Depressionen die Risikofaktoren für körperliche Erkrankungen sind oder eher umgekehrt. Jedoch ist eine Komorbidität eher die Regel als die Ausnahme; sie macht allerdings die Behandlung umso dringlicher.
Therapiemöglichkeiten bei Depressionen
Eine depressive Erkrankung ist grundsätzlich gut behandelbar. Dass trotzdem nur vergleichsweise wenige Betroffene eine adäquate Therapie wahrnehmen, liegt u.a. auch in der Symptomatik selbst begründet: geringe Hoffnung auf Besserung und mangelnde Energie der Erkrankten, ein oft tief sitzendes Schamgefühl („Ich kann doch nicht zugeben dass ich depressiv bin!“), die Unterschätzung der Notwendigkeit und eine noch immer bestehende Stigmatisierung führen dazu, dass viele Depressive sich gar nicht oder erst spät um eine Behandlung kümmern.
1.Ambulante Therapie
Eine ambulante Psychotherapie ist sinnvoll für die Akutbehandlung von leichten und mittelschweren Depressionen, kann aber auch sehr gut zur Rückfallprophylaxe genutzt werden.
Hilfreiche Therapieziele sind zB:
- gemeinsames Erarbeiten einer Tagesstruktur
- Erkennen von negativen Denk-Automatismen
- Abbau negativer Gefühle
- Ausgewogenheit zwischen Pflichten und angenehmen Tätigkeiten herstellen
- Training sozialer Fertigkeiten
- Auflösung passiver Verhaltensweisen und
- Förderung eines aktiven Sozialverhaltens
2.Stationäre Therapie
Bei mittelgradigen bis schweren Depressionen empfiehlt sich oftmals eine Kombination aus Medikamenten und Psychotherapie. In vielen Fällen ist eine stationäre Behandlung sinnvoll, weil die Patienten dort eine feste Tagesstruktur erleben und medizinisch (medikamentös) engmaschig betreut werden können.
Bislang wurden vor allem die folgenden bekannten Therapieansätze genutzt:
- kognitive Verhaltenstherapie,
- interpersonelle Therapie
- psychoanalytische bzw.
- tiefenpsychologische Ansätze.
In einer Klinik werden außerdem häufig auch begleitende Therapieverfahren kombiniert, die bei depressiven Erkrankungen stabilisierend wirken, so zB Kunst-, Musik- oder Tanztherapie, Sport und Bewegungstherapie, Entspannung und Lichttherapie.